Geschäftsführerhaftung: Aktuelle Entwicklungen

Geschäftsführer eines Unternehmens sind mit viel Verantwortung und Entscheidungen konfrontiert. Die Leitung eines Unternehmens bringt nicht nur viele Rechte, sondern auch Pflichten mit sich.

Geschäftsführerhaftung
Sind Fragen zum Thema Geschäftsführerhaftung offen geblieben? Wir sind für Sie da. Nehmen Sie Kontakt zu unserer Kanzlei auf.

Aus diesen ergibt sich die Geschäftsführerhaftung, die für Geschäftsführer ein großes rechtliches Risiko darstellt.

Grundsätzlich sind Geschäftsführer dazu verpflichtet, ihre Geschäfte ordnungsgemäß und nach geltendem Recht zu führen. Kommt es dabei zu Fehlern, reicht häufig bereits fahrlässiges Handeln, um eine Geschäftsführerhaftung auszulösen. Hinzu kommt, dass Geschäftsführer unter gewissen Umständen auch persönlich haften können.

Wann genau die Geschäftsführerhaftung greift und wie Sie sich schützen können, zeigen wir Ihnen in diesem Beitrag.

Was bedeutet Geschäftsführerhaftung bei einer GmbH?

Die GmbH ist eine Rechtsform, die häufig gewählt wird, um eine persönliche Haftung zu vermeiden. Allerdings sollten Geschäftsführer einer GmbH sich nicht auf die Haftungsbeschränkung im Ernstfall verlassen. Bei der Haftung einer GmbH ist stets zu unterscheiden:

  1. Innenhaftung: Haftung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH
  2. Außenhaftung: Haftung des Geschäftsführers gegenüber Dritten
  3. ggf. Haftung der Gesellschafter

Während die Haftung des Geschäftsführers gegenüber Dritten im Außenverhältnis in der Regel auf das Vermögen der Gesellschaftsvermögen beschränkt ist (§ 13 Abs. 2 GmbH-Gesetz), kann im Innenverhältnis der Geschäftsführer durchaus persönlich haften. Voraussetzung für eine Haftung ist insbesondere, dass Geschäftsführer sorgfaltswidrig handeln oder ihre Führungspflichten verletzen.

Verletzt der Geschäftsführer seine Sorgfaltspflichten und schädigt damit die GmbH, kann diese vom Geschäftsführer Schadensersatz verlangen. Entgegen der allgemeinen Erwartung muss der Geschäftsführer beweisen, dass er kein Verschulden trägt und ist somit in der Beweispflicht für seine Unschuld (sogenannte Beweislastumkehr).

Zudem ist eine steigende Tendenz zu erkennen, dass die Rechtsprechung neben der Geschäftsführerhaftung auch Ansprüche gegenüber den Geschäftsführern und Gesellschaftern persönlich zulässt.

Geschäftsführerhaftung bei Insolvenzverfahren

Wird eine GmbH insolvent, ist sie also überschuldet oder nicht mehr zahlungsfähig, muss der Geschäftsführer unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 3 Wochen nach Feststellung der Insolvenzgründe einen Insolvenzantrag bei der zuständigen Behörde stellen. Kommt er dieser Pflicht nicht oder zu spät nach, kann er sich der Insolvenzverschleppung (§§ 17, 19 InsO) strafbar machen.

Zahlungsunfähigkeit liegt dann vor, wenn das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, fällige Zahlungspflichten zu erfüllen. Laut BGH ist dies immer dann gegeben, wenn bis 3 Wochen nach Stichtag weniger als 90 % der Verbindlichkeiten erfüllt werden können. Überschuldung meint hingegen, dass das Vermögen des Unternehmens die Verbindlichkeiten überhaupt nicht mehr deckt.

Es ist dabei unerheblich, ob der Geschäftsführer von den Insolvenzgründen (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH) wusste oder nicht. Es zählt zu seinen Aufgaben, über solche Tatsachen des Unternehmens informiert zu sein. Eine Strafbarkeit kann daher auch dann ausgelöst werden, wenn die Insolvenz aufgrund von Unkenntnis zu spät oder gar nicht eröffnet wird.

Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wissentlich oder unwissentlich versäumt oder verzögert, haftet der Geschäftsführer für alle entstehenden Schäden mit seinem persönlichen Vermögen. Auch gegenüber Gläubigern oder der GmbH kann eine persönliche Haftung entstehen, zum Beispiel dann, wenn Verträge nach Insolvenzreife geschlossen oder Zahlungen angewiesen wurden.

Geschäftsführerhaftung bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen

Nicht nur aus Verträgen gegenüber Lieferanten und Kunden ergeben sich Verpflichtungen, die es zu erfüllen gilt. Auch gegenüber dem Staat, also insbesondere gegenüber den Finanzämtern und Sozialversicherungsträgern, haben Geschäftsführer Pflichten.

Dazu zählt insbesondere, rechtzeitig die Umsatzsteuer- und Lohnsteuervoranmeldung einzureichen, die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen und die Buchführung und Bilanzierung korrekt zu führen bzw. führen zu lassen. Werden diese Beiträge und Steuern nicht rechtzeitig angemeldet und abgeführt, kann eine Pflichtverletzung vorliegen, für die Geschäftsführer auch persönlich haften können. Das gilt in der Regel auch dann, wenn Geschäftsführer gar nicht selbst für diese Aufgaben zuständig sind, sondern diese von einem Mitarbeiter übernommen werden.

Geschäftsführer leiten das Unternehmen und tragen die Verantwortung für das rechtskonforme Handeln der Angestellten. Nur in Ausnahmefällen kann die persönliche Haftung ausgeschlossen sein.

Wann verjährt die Geschäftsführerhaftung?

Geschäftsführer haften während ihrer gesamten Tätigkeit persönlich für Pflichtverletzungen und rechtswidrige Handlungen. Dies betrifft die gesamte Zeitspanne, in der sie als Geschäftsführer im Unternehmen tätig sind.

Doch auch nach Ausscheiden aus der GmbH können Geschäftsführer weiterhin haften. Die Verjährung beträgt für Ansprüche in diesem Zusammenhang 5 Jahre (§ 43 Abs. 4 GmbHG).

Aktuelle Entwicklungen in der Geschäftsführerhaftung

In den letzten Jahren kamen zu den allgemeinen Regelungen zur Geschäftsführerhaftung einige neue Gesetze hinzu, die die Haftungsrisiken erweitern können und deshalb besondere Berücksichtigung finden sollten.

Dazu zählt insbesondere das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), welches auf Grundlage der EU-Whistleblower-Richtlinie eingeführt wurde und am 2. Juli 2023 in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz schützt unter anderem Arbeitnehmer, die interne Missstände aufdecken und melden (sogenannte Hinweisgeber bzw. Whistleblower). Zukünftig müssen Unternehmen Meldesysteme bereitstellen, um Hinweisgeber aus den eigenen Reihen vor Repressalien oder anderen Nachteilen zu schützen.

Geschäftsführerhaftung
Als erfahrene Kanzlei im Bereich Gesellschaftsrecht unterstützen wir Sie bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen gegen eine Geschäftsführerhaftung. Kontaktieren Sie uns jetzt.

Unternehmen mit 250+ Beschäftigten müssen die Regelungen mit Inkrafttreten des HinSchG unverzüglich umsetzen. Für Unternehmen mit 50+ Beschäftigten gilt eine verlängerte Umsetzungsfrist bis zum 17. Dezember 2023. Geschäftsführer sollten schnellstmöglich mit der Umsetzung beginnen, um einen Gesetzesverstoß und damit einhergehende umsatzbezogene Bußgelder zu vermeiden. Zudem ist es im Interesse des Unternehmens, auf Missstände intern aufmerksam gemacht zu werden, bevor sie sich zu einem öffentlichen Skandal entwickeln.

Neu ist außerdem das Lieferkettengesetz (LkSG), welches am 1. Januar 2024 in Kraft tritt. Nach diesem Gesetz können Unternehmen für umweltbezogene Schäden und Menschenrechtsverletzungen haftbar gemacht werden, die innerhalb ihrer Lieferkette entstehen. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf die persönliche Haftung des Geschäftsführers mit sich bringen.

Zusätzlich haben Unternehmen nach dem neuen Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) die Möglichkeit, eigenverantwortlich einen Sanierungsplan zu erstellen und umzusetzen. Geschäftsführer haben nunmehr die Wahl, ob sie bei einer drohenden Insolvenz einen Insolvenzantrag stellen oder zunächst ein Restrukturierungsverfahren oder eine Sanierung einleiten, um damit eine Insolvenz zu verhindern.

Worauf sollten Geschäftsführer achten?

Um eine persönliche Haftung zu vermeiden, sollten Geschäftsführer grundsätzlich pflichtgemäß und gesetzeskonform handeln. Zusätzlich liefern im Folgenden allgemeine Handlungshinweise für die Praxis. Diese ersetzen jedoch in keinem Fall eine individuelle Beratung durch einen erfahrenen Anwalt.

  • Finanzen immer im Blick behalten, um Steuer- und Finanzstraftaten zu vermeiden und drohende Insolvenzen frühestmöglich zu erkennen
  • Bestehende Risiken im Unternehmen kennen und weitestgehend minimieren, um das Risiko einer persönlichen Haftung zu reduzieren
  • Eine Rechtsform wie die GmbH kann eine zusätzliche Absicherung darstellen, jedoch eine Geschäftsführerhaftung nicht vollständig ausschließen
  • Vor wichtigen Entscheidungen sind ausreichend Informationen, insbesondere haftungsrechtliche Einschätzungen, einzuholen
  • Gesetzeskonformität prüfen und wenn nötig rechtlichen Rat einholen, um auf rechtliche Konsequenzen vorbereitet zu sein
  • Riskante Entscheidungen immer durch eine Gesellschafterzustimmung absichern
  • Einen privaten D&O-Versicherungsschutz in Betracht ziehen
  • Ressorts in der Satzung festlegen, durch die sich die Haftung verteilt (Achtung: Nicht alle Aufgaben sind teilbar!)
  • Haftungsbegrenzungen und -höchstsummen vereinbaren, um im Ernstfall einen Rahmen zu setzen
  • Weisungen der Gesellschafter zu Beweiszwecken immer schriftlich dokumentieren
  • Immer auf die Unterschriftenregelung achten

Als erfahrene Kanzlei im Bereich Gesellschaftsrecht unterstützen wir Sie bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen gegen eine Geschäftsführerhaftung. Dazu ziehen wir alle Vorschriften und Regelungen heran, die Geschäftsführer erfüllen müssen und etablieren mit Ihnen gemeinsam Compliance Management Systeme und Frühwarnsysteme nach § 101 StaRUG. Auch bei einer laufenden Krise beraten wir Sie gern zu Ihren Möglichkeiten. Kommen Sie einfach auf uns zu.

Fazit

  • Geschäftsführer sind verpflichtet, die Geschäfte des Unternehmens ordnungsgemäß und rechtskonform zu führen. Kommt es dabei zu Pflichtverletzungen, haften sie im Zweifel auch persönlich für entstehende Schäden.
  • Insbesondere im Insolvenzverfahren ist zu prüfen, ob alle Vorschriften eingehalten wurden, um rechtliche Konsequenzen und eine persönliche Haftung zu vermeiden.
  • Neue Regelungen wie das HinSchG oder das LkSG verschärfen die Haftung für Geschäftsführer.
  • Durchdachte Compliance-Maßnahmen, Versicherungen, die richtige Rechtsform und eine rechtliche Prüfung der Abläufe im Unternehmen können Geschäftsführer vor einer Haftung schützen. Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei gerne.

FAQ

Ist man als Geschäftsführer haftbar?

Ja. Geschäftsführer sind verpflichtet, die Geschäfte des Unternehmens ordnungsgemäß und rechtskonform zu führen. Kommt es dabei zu Pflichtverletzungen, haften sie im Zweifel auch persönlich für entstehende Schäden.

Was müssen Geschäftsführer beachten, wenn ihrem Unternehmen eine Zahlungsunfähigkeit droht?

Droht ihrem Unternehmen eine Zahlungsunfähigkeit, müssen Geschäftsführer unverzüglich handeln. Sie sollten die finanzielle Lage sorgfältig überwachen, Maßnahmen zur Sanierung ergreifen und gegebenenfalls Insolvenzantrag stellen. Die verspätete Stellung eines Insolvenzantrags kann zu persönlicher Haftung führen.

Wann haftet der Geschäftsführer einer GmbH mit seinem Privatvermögen?

Der Geschäftsführer einer GmbH haftet mit seinem Privatvermögen, wenn er seine Pflichten grob fahrlässig oder vorsätzlich verletzt. Beispielsweise, wenn er eine Zahlungsunfähigkeit verschleiert und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wissentlich oder unwissentlich versäumt oder verzögert. Auch gegenüber Gläubigern oder der GmbH kann eine persönliche Haftung entstehen, zum Beispiel dann, wenn Verträge nach Insolvenzreife geschlossen oder Zahlungen angewiesen wurden.

Bildquellennachweis: milanvirijevic | fizkes | canva.com

Darius Dubiel Anwalt Clience Legal

Darius Dubiel

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Rufen Sie uns an:
0911-97129576